Zustandsanalysen für Betonbauwerke

Dieser Beitrag beschreibt Zustandsanalysen für Betonbauwerke: die Regelwerkskonstellation, deren Anforderungen, Untersuchungsverfahren, mögliche Vorgehensweisen und deren Ziel. 

Inhalt

Fakten

  • Zustandsanalyse: Feststellung des Bauwerkszustandes
  • Wesentliche planerische Grundlage für Instandhaltungsplan und Instandsetzungskonzept
  • Gängige angewendete Untersuchungsverfahren: Stemmöffnungen, zerstörungsfreie Messung der Betondeckung, Chloridanalyse, Potentialfeldmessungen, Druckfestigkeit am Bohrkern, Schadenskartierungen, Prüfung der Haftzugfestigkeit
  • Vorgehen in abgestufter Vorgehensweise hat sich als zielführend und wirtschaftlich etabliert. 

Eine Zustandsanalyse für Betonbauwerke umfasst verschiedene Untersuchungsmethoden, die durchgeführten werden, um den aktuellen Zustand und die Integrität eines Betonbauwerkes zu bewerten. Ziel der Zustandsanalyse ist daher die umfassende Erfassung aller relevanter Eigenschaften des Bauwerkes. Dies umfasst neben Schwachstellen, Schäden oder Abnutzungserscheinungen infolge verschiedener Einflüsse auch Informationen zur Herstellung des Bauwerkes wie verwendete Baustoffe. 

Zustandsanalysen werden im Regelfall von spezialisierten Ingenieurbüros durchgeführt, welche erforderliche Kenntnisse in Bezug auf die Erkennung und Bewertung von Schäden haben. Die Technische Regel Instandhaltung spricht von der Beauftragung eines sachkundigen Planers, welcher ebenfalls Kenntnisse in Bezug auf die Ursachenfeststellung haben muss. 

Zustandsanalysen sind besonders wichtig für ältere Betonbauwerke, bei denen aufgrund von Umwelteinflüssen, Verkehr oder anderen Belastungen Schäden eingetreten sind. 

Durch regelmäßige Zustandsanalysen können potenzielle Risiken frühzeitig erkannt und behoben werden, um die Sicherheit und Langlebigkeit des Bauwerks zu gewährleisten. 

Die Musterverwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen definiert die Technische Regel Instandhaltung (Stand 2020) als geltendes Regelwerk für die Betoninstandsetzung in Deutschland, wenn die Standsicherheit gefährdet ist. Eine Gefährdung der Standsicherheit liegt auch dann vor, wenn eine Gefährdung mit großer Wahrscheinlichkeit künftig zu erwarten ist.

Sie gilt in Verbindung mit der DAfStb-Richtlinie – Schutz und Instandsetzung von Betonbauteilen, wobei der Technischen Regel Instandhaltung (Stand 2020) der Vorrang zugesprochen wird. 

Die Technische Regel Instandhaltung definiert eine grundsätzliche Vorgehensweise bei der Planung und Ausführung von Instandhaltungsmaßnahmen. Die grundsätzliche Vorgehensweise soll die übergeordneten Ziele der Technischen Regel Instandhaltung (Stand 2020) sicherstellen. Diese sind die Erhaltung oder Wiederherstellung der Tragfähigkeit und/oder der Gebrauchstauglichkeit von Betonbauteilen für den vorgesehenen Nutzungszeitraum.

Die grundsätzliche Vorgehensweise bei der Planung und Ausführung von Instandhaltungsmaßnahmen lässt sich unterteilen in folgende Schritte:

  • Ermittlung Ist-Zustand
  • Festlegung Mindestsollzustand
  • Prognose für die vorhandene Restnutzungsdauer-Vergleich Ist-Zustand/Mindest-Sollzustand
  • Instandhaltungskonzept (Inspektion/Wartung oder Instandsetzung)

Die Zustandsanalyse wird definiert durch die Ermittlung des Ist-Zustandes und ist somit in Verbindung mit der Festlegung des Mindestsollzustandes und des daraus folgenden Vergleiches zwischen Ist-Zustand und Mindestsollzustand die wesentliche Grundlage für die Erstellung des Instandhaltungskonzeptes oder Instandhaltungsplanes. 

Die grundsätzlichen Anforderungen von Zustandsanalysen definieren sich aus dem Mindestumfang einer Planung einer Instandhaltung. Durch die Zustandsanalyse soll ermöglicht werden, den Ist-Zustand des Bauwerkes zu ermitteln, darzustellen und zu beurteilen. Diese umfasst auch die Auswertung aller verfügbaren Informationen zur Vorgeschichte des Bauwerkes wie beispielsweise der Zeitpunkt der Erstellung oder verwendete Baustoffe. Die Kriterien zur Beschreibung des Ist-Zustandes, welche folglich in einer Zustandsanalyse ermittelt werden, müssen unterteilen sich in Umgebungs- und Nutzungsbedingungen und Bauwerks-, Bauteil- und Baustoffeigenschaften.

Zu ermittelnde Umgebungs- und Nutzungsbedingungen sind beispielsweise:

  • Mechanische Einwirkungen
  • Physikalische Einwirkungen
  • Chemische Einwirkungen
  • Einwirkungen aus Betrieb

Diese sind durch die Expositionsklassen zu beschreiben, weiterhin ergeben sich neu eingeführte Expositionsklassen wie beispielweise XSTAT oder XBW. 

XSTAT definiert inwieweit die präsenten Bauteile statisch mitwirkend sind. XBW definiert, inwieweit eine rückseitige Durchfeuchtung des Bauteils stattfindet. 

Zu ermittelnde Bauwerks-, Bauteil- und Baustoffeigenschaften sind beispielsweise:

  • Herstellungsbedingungen
  • Optischer Eindruck
  • Gefüge, Hohlräume, Abplatzungen
  • Risse
  • Betondeckung und Bewehrungsverteilung
  • Druckfestigkeit
  • E-Modul
  • Carbonatisierung

Die Technische Regel Instandhaltung (Stand 2020) definiert zudem die Erfassung und Bewertung von Riss-/Hohlraumerkmalen, es sind unter anderem folgende Merkmale zu erfassen:

  • Rissart
  • Rissverlauf
  • Rissbreite
  • Zustand des Risses 

Die absolute Anzahl durchzuführender Versuche wird hierbei nicht definiert. Ein möglicher Ansatz zur Festlegung der Anzahl durchzuführender Untersuchungen kann hier nachgelesen werden. 

Die wesentlichen Anforderungen an das Ziel von Zustandsanalysen, die Ermittlung des Ist-Zustandes, werden durch die Technische Regel Instandhaltung (Stand 2020) definiert. Durch diese Ziele ergibt sich die Anwendung verschiedener Untersuchungsmethoden oder Hilfsmittel. Die Regelwerke der anzuwendenden Untersuchungsmethoden sind daher ebenfalls zu beachten. Hier kann beispielsweise die Ermittlung der Druckfestigkeit durch die Entnahme von Bohrkernen in Verbindung mit zerstörungsfreien Prüfungen genannt werden. Diese wird durch DIN EN 12504-2 in Kombination mit der DIN EN 13791/NA geregelt. 

Es gibt eine Vielzahl von Untersuchungsverfahren, die für die Ermittlung des Ist-Zustandes angewendet werden können, wobei folgende Untersuchungsverfahren regelmäßig zur Anwendung kommen: 

Neben diesen können auch weitere Untersuchungsverfahren wie Endoskopie oder Messungen zur Rutschhemmung zur Anwendung kommen. Diese sind jedoch weitaus weniger gängig. 

Aktuelle Beiträge zu Untersuchungsverfahren

Die Technische Regel Instandhaltung (Stand 2020) definiert die grundsätzliche Vorgehensweise bei der Planung und Ausführung von Instandhaltungsmaßnahmen. Hierin erfolgt die Ermittlung des Ist-Zustandes noch vor der Erstellung des Instandhaltungskonzeptes und damit auch noch vor der Ausführung von Instandsetzungsmaßnahmen. Dieses Prinzip wird in vielen Fällen angewendet. 

Es gibt jedoch eine weitere Vorgehensweise, die sich in der Praxis vor allem bei Parkhäusern und Tiefgaragen etabliert hat, wodurch eine zielführende und wirtschaftliche Instandhaltung sichergestellt wird. Diese Vorgehensweise wird in der Praxis als abgestuftes Prinzip beschrieben. Im abgestuften Prinzip der Zustandsanalyse wird diese in drei wesentliche Schritte unterteilt:

  1. Voruntersuchung: Inaugenscheinnahme, vereinzelte Chloridanalyse, Betondeckungsmessungen und Sondierungsöffnungen, ähnlich unserer orientierenden Untersuchungen.
  2. Vertiefte Zustandsanalyse: Flächige Schadensaufnahme, Potentialfeldmessungen, Chloridanalysen, Sondierungsöffnungen, Haftzugprüfung. Ziel: Festlegung instand zusetzender Bereiche (Massensicherheit), um Instandsetzungsverfahren wirtschaftlich zu planen.
  3. Vollflächige Zustandsanalyse: Vollflächige Untersuchungen und Validierung der Untersuchungsergebnisse aus der vertieften Zustandsanalyse (Massensicherheit).

Das Prinzip der Abstufung ist in vielen Fällen auch sinnvoll, da erst nach Abtrag von Beschichtungen erst weitere Untersuchungen stattfinden können, um instand zusetzende Bereiche zielorientiert zu definieren. 

Das Prinzip des abgestuften Vorgehens ist auch unsere Vorgehensweise für eine zielführende und wirtschaftliche Vorgehensweise. 

Die wirtschaftlich optimale Festlegung des Instandhaltungs- und Instandsetzungszykluses ist das Ziel von Zustandsanalysen.

In vielen Fällen erfolgt die Zustandsanalyse erst, wenn erste visuelle Schäden wie Risse erkannt werden. 

Die Technische Regel Instandhaltung beinhaltet noch keine festen Untersuchungsintervalle, zeigt jedoch auf das anhand von Zustandsanalysen der optimale Instandhaltungszeitpunkt definiert werden kann. Dieser Zeitpunkt definiert sich aus dem Aufbrauch des Abnutzungsvorrates bis zur Abnutzungsgrenze. Aus praktischer Sicht kann beispielsweise das Antreffen der Karbonatisierungsfront an der Bewehrungsfront genannt werden, ohne das bisher Schädigungen eingetreten sind. 

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Zugeschnitten 3 Onlinebaugutachter

Jens Temesberger

Bauingenieur und Inhaber des Onlinebaugutachters. Seine Tätigkeitsschwerpunkte sind allgemeine Sachverständigentätigkeiten, die Planung und Begleitung von Instandhaltungsmaßnahmen an Betonbauwerken und die Baustofftechnologie.