Zustandsanalyse von Betonbauwerken und die Feststellung des optimalen Instandsetzungszeitpunktes

Dieser Beitrag erläutert die Zustandsanalyse von Betonbauwerken und wie der optimale Zeitpunkt der Instandsetzung zielsicher festgestellt werden kann. 

Inhalt

Beton ist als Baustoff in Bauwerken ein elementarer Bestandteil der Bauwerksstruktur. Aus diesem Grund ist die Funktionsfähigkeit während der Lebensdauer dauerhaft sicherzustellen. Als Bestandteil in Stahlbeton hat er den Zweck, die Dauerhaftigkeit sicherzustellen, indem er den Stahl vor Korrosion schützt.

Der Hintergrund für Zustandsanalysen bei Betonbauwerken liegt im Sachverhalt, dass Betonbauwerke während derer Lebensdauer physikalischen, chemischen und mechanischen Einflüssen ausgesetzt werden, die zu Veränderungen der Struktur führen können. Einige dieser Veränderungen sind natürliche Alterungsprozesse, während andere durch äußere Einflüsse wie Umweltfaktoren oder Belastungen verursacht werden können.

Im Folgenden sind einige der Veränderungen aufgeführt, die bei Beton während seiner Lebensdauer auftreten können: 

  • Austrocknung und Schwinden: In den ersten Tagen und Wochen nach der Herstellung von Beton trocknet das Material aus, was zu einer Volumenverringerung und einer Schrumpfung des Betons führt. Dies kann zu Rissen im Beton führen.

  • Carbonatisierung: Kohlendioxid aus der Luft reagiert mit dem im Beton enthaltenen Calciumhydroxid und führt zu einer Umwandlung in Calciumcarbonat. Dadurch wird der pH-Wert des Betons gesenkt, was zu einer Korrosion von Bewehrungsstahl führen kann.

  • Eintrag von Chloridionen: Chloridionen können in den Beton eindringen, was unter bestimmten Umständen zu einer Korrosion von Bewehrungsstahl führen kann.

  • Frost-Tau-Wechsel: Durch das Eindringen von Wasser in den Beton und anschließendes Einfrieren und Auftauen kann es zu Schädigungen kommen.

  • Mechanische Belastungen: Hohe Belastungen durch Verkehr, Wind oder Erdbeben können zu Rissen oder Verformungen im Beton führen.

Diese und weitere Veränderungen können die strukturelle Integrität von Stahlbeton beeinträchtigen und daher in einer Gefährdung der Standsicherheit des Bauwerkes resultieren.

Der Zweck einer Zustandsanalyse bei Betonbauwerken besteht darin, den aktuellen Zustand der Struktur festzustellen und potenzielle Schäden und Probleme zu identifizieren. Dies erfolgt, in dem alle relevanten Eigenschaften des Bauwerkes erfasst werden. 

Die relevanten Eigenschaften umfassen neben Schäden auch die Erfassung der Umwelteinflüsse und Informationen zur Vorgeschichte des Bauwerkes, wie die Herstellungsbedingungen, Pläne und verwendeten Baustoffe. 

Der Zustand wird bei der Zustandsanalyse mittels verschiedener Untersuchungsverfahren festgestellt, die relevante Eigenschaften wie die Bewehrungslage oder die Karbonatisierung des Bestandsbetons feststellen. 

 

Bei einer Zustandsanalyse werden verschiedene Untersuchungen und Tests durchgeführt, um den Zustand des Stahlbetons und seiner Umgebung zu bewerten. Dazu gehören beispielsweise visuelle Inspektionen, Untersuchungen der Betonzusammensetzung, Materialprüfungen und geotechnische Untersuchungen. Auch nicht-invasive Methoden wie Ultraschall- und Röntgenprüfungen können zur Bestimmung der Eigenschaften verwendet werden. 

Die Auswahl der geeigneten Untersuchungen und Tests hängt dabei von verschiedenen Faktoren ab, wie beispielsweise der Art des Bauwerks, dem Alter des Betons und den Umweltbedingungen.

Nachfolgend werden die Untersuchungsverfahren aufgezählt, die bei Zustandsanalysen angewandt werden:

Eine Unterteilung der Art und Weise von Zustandsanalysen kann wie folgt stattfinden:

  1. Proaktiv, fortlaufend im Lebenszyklus, ohne Präsenz von Schäden.
  2. Reaktiv im Lebenszyklus, wenn Schäden präsent sind.
  3. Im Planungsprozess von Instandhaltungsmaßnahmen noch vor der Ausführung.
  4. Im Planungsprozess und während der Ausführung.

Bei proaktiven Zustandsanalysen werden stichprobenartige Untersuchungen am Bauwerk oder Bauteil an repräsentativen Bereichen durchgeführt, an denen relevante Einwirkungen und damit Schadensausprägungen erwartet werden. Ziel dieser Art und Weise ist die Feststellung, ob Instandhaltungs- oder Instandsetzungsbedarf besteht. Diese Methodik wird durchgeführt, ohne dass relevante Schadensausprägungen bereits präsent sind. Zur Feststellung des optimalen Instandhaltungs- oder Instandsetzungszeitpunktes ist sie von fundamentaler Bedeutung, wenn auch sie mit direkten Kosten verbunden ist und im ersten Schritt zu keinem Ergebnis in Form von aktiven Maßnahmen kommt.

Die zweite Methode, bezeichnet als reaktive Zustandsanalyse ist die weitaus häufigere Methode, da diese durchgeführt wird, wenn Nutzer oder Bauherren visuell Schäden am Tragwerk feststellen und daraufhin einen Fachplaner beauftragen. In vielen Fällen werden dann zuerst stichprobenartige Untersuchungen durchgeführt. Hierdurch kann der Umfang in Ansätzen abgeschätzt werden. 

Die dritte Methode besteht aus einer Zustandsanalyse, welche in einem Planungsprozess bereits verankert ist. Dies kann passieren, wenn festgestellt wird, dass bei der zweiten Methode eine Gefahr des Standsicherheitsverlustes nicht ausgeschlossen werden kann. Der wesentliche Unterschied zwischen der dritten Methode und der vierten Methode ist der Sachverhalt, dass die Zustandsanalyse bereits vor Beginn der Instandhaltungs- oder Instandsetzungsmaßnahme abgeschlossen ist.  Damit wird für diese Art der Zustandsanalyse auch die umfassende Feststellung aller relevanter Eigenschaften gefordert. 

Zustandsanalysen, die im Planungsprozess und während der Ausführung stattfinden, folgen dem abgestuften Prinzip und haben sich in der Praxis vor allem bei Parkhäusern und Tiefgaragen etabliert. Eine Abstufung der Zustandsanalyse kann in bis zu vier Teile stattfinden. Hintergrund dessen ist beispielsweise der Sachverhalt, dass viele Tiefgaragen Beschichtungen auf den Stahlbetonbauteilen haben und vollflächige Untersuchungen dann erst durchgeführt werden können, wenn die Beschichtung entfernt wurde. Untersuchungen nach dem Abtragen haben dann den Zweck, eine Massensicherheit zu erlangen und gleichzeitig die Validierung der Untersuchungsergebnisse herbeizuführen, wodurch alle relevanten Bereiche, welche einer Instandsetzung bedürfen erfasst werden. 

 

Die Festlegung der Zielsetzung der Zustandsanalyse und damit die Festlegung des Mindestsollzustandes des Bauwerkes am Ende des Nutzungszeitraumes ist ein wichtiger Schritt, welche vor der Durchführung einer Zustandsanalyse durchgeführt werden sollte. Der Grund besteht in der Tatsache, dass auf Grundlage des festgelegen Nutzungszeitraumes oder des festgelegten Mindestsollzustandes die Art und Weise der Instandhaltung oder Instandsetzung wesentlich veränderlich ist. Auch die Zustandsanalyse kann daraufhin abgestimmt werden, sodass die Lebenszykluskosten dahingehend weiter optimiert werden. Wird der Mindestsollzustand nicht zu Beginn festgelegt, so muss der Planer davon ausgehen, dass alle wirtschaftlich vertretbaren Möglichkeiten in Betracht gezogen werden sollten, wodurch sich auch ein Mehraufwand bei der Zustandsanalyse ergeben kann, aber im Umkehrschluss alle möglichen Instandhaltungskonzepte betrachtet werden können. 

Besteht das Ziel beispielsweise darin, dass das Bauwerk ohnehin in absehbarer Zeit nicht weiter genutzt werden soll, so besteht die Möglichkeit, das Bauwerk bis unter die Abnutzungsgrenze zu bewirtschaften. Es sollte jedoch beachtet werden, dass bei Festlegung einer solchen Bewirtschaftung das Bauwerk in jedem Fall nicht weiter genutzt werden kann und es einer fortlaufenden Kontrolle durch einen Statiker bedarf, welcher fortlaufende Abstützungsmaßnahmen vorsieht. 

Idealerweise werden Gebäude insoweit Instandgehalten, als dass die Abnutzungsgrenze möglichst genau getroffen wird und der beaufschlagte Abnutzungsvorrat vollständig verbraucht wurde, was allerdings einer fortlaufenden Inspektion oder auch einer fortlaufenden Zustandsanalyse durch Fachpersonal erfordert. Mann spricht auch vom optimalen Instandsetzungszeitpunkt. 

 

Der optimale Instandsetzungszeitpunkt bei Betonbauwerken ist der Zeitpunkt, zu dem eine Instandsetzung des Bauwerks am wirtschaftlichsten ist und gleichzeitig die Standsicherheit und Funktionsfähigkeit des Bauwerks gewährleistet werden kann. Idealerweise wurde der beaufschlagte Abnutzungsvorrat vollständig verbraucht, wodurch die Lebenszykluskosten eines Gebäudes optimiert werden. 

Die Festlegung des optimalen Instandsetzungszeitpunktes ist ein komplexer Prozess, der stets auf Grundlage von Zustandsanalysen unter Berücksichtigung verschiedener Faktoren erfolgt. Um den optimalen Instandsetzungszeitpunkt zu bestimmen, sollten daher regelmäßig Inspektionen in Verbindung mit Zustandsanalysen in Form orientierenden Untersuchungen stattfinden. Diese stellen den gegenwärtigen Abnutzungsvorrat oder etwaige Schädigungen zielsicher fest, wodurch Aussagen über den verbleibenden Abnutzungsvorrat getroffen werden können. 

Zustandsanalysen in Verbindung mit möglichen Instandhaltungskonzepten und einer Wirtschaftlichkeitsanalyse können dann dabei helfen den optimalen Zeitpunkt zu bestimmen, um die Lebenszykluskosten effizient auszugestalten. Da jedes Bauwerk als einzigartig einzustufen ist, können optimale Instandsetzungszeitpunkte nicht allgemein definiert werden. 

Es gibt eine Vielzahl von Instandhaltungs- und Instandsetzungsoptionen für Betonbauwerke, die je nach Art des Bauwerkes, der Umgebungsbedingungen und des aktuellen Zustandes zielsicher angewendet werden können. 

Der Unterschied zwischen den beiden besteht in der Art und dem Umfang der Maßnahmen. 

Instandhaltungsmaßnahmen sind präventive Maßnahmen, die dazu dienen, Schäden an einem Betonbauwerk zu vermeiden oder frühzeitig zu erkennen, um größere Schäden zu verhindern. Hierzu gehören beispielsweise regelmäßige Inspektionen, Wartungen, Reinigungen oder das Auftragen von Oberflächenschutzmitteln wie Anstrichen oder Beschichtungen. Instandhaltungsmaßnahmen sind also darauf ausgerichtet, den ordnungsgemäßen Zustand eines Betonbauwerks zu erhalten und den Verschleiß zu minimieren.

Instandsetzungsmaßnahmen hingegen sind reaktive Maßnahmen, die notwendig werden, wenn Schäden an einem Betonbauwerk bereits aufgetreten sind.

  1. Betonsanierung: Bei Schäden am Beton selbst, wie Rissen, Abplatzungen, Durchfeuchtung oder Carbonatisierung, kann eine Betonsanierung notwendig sein. Hierbei werden beschädigte Betonteile entfernt und durch neues Material ersetzt oder repariert.

  2. Korrosionsschutz: Korrosion am Bewehrungsstahl kann Betonbauteile schwächen und langfristig zerstören. Um dies zu verhindern, kann der Einbau von Anoden oder Kathoden in Form eines kathodischen Korrosionsschutzes erfolgen.

  3. Verstärkung: Bei einer erhöhten Beanspruchung oder einer veränderten Nutzung kann eine Verstärkung der Betonkonstruktion notwendig sein. Dies kann durch das Einbringen Carbonfaser-Lamellen, durch das Aufbringen von Gurtungen oder durch den Einbau von Versteifungen erfolgen.

  4. Nachträglicher Betonauftrag: In manchen Fällen ist eine Erhöhung der Betondeckung erforderlich, um Betonbauwerke den aktuellen Anforderungen anzupassen.

  5. Abdichtungsmaßnahmen: Bei Rissausbildungen kann es notwendig sein, die betroffenen Bereiche abzudichten.

  6. Injektionsmaßnahmen: In manchen Fällen können Risse oder Hohlräume im Beton durch Injektion von Kunstharzen oder Zementleimen repariert werden.

Fortlaufende Zustandsanalysen durch Überwachung und Inspektion ermöglichen das Treffen des optimalen Instandsetzungszeitpunktes und können diesen unter Umständen auch zeitlich verschieben, wenn Instandhaltungsmaßnahmen wie das Reinigen von Oberflächen und die Nutzung von Rissbandagen, angewandt werden. 

Die Überwachung von Betonbauwerken kann auf verschiedene Arten erfolgen. Hier sind einige Beispiele:

  1. Visuelle Inspektion: Die visuelle Inspektion ist eine der einfachsten und kostengünstigsten Methoden zur Überwachung von Betonbauwerken. Hierbei werden Schäden oder Veränderungen durch regelmäßige Beobachtungen von außen erkannt und dokumentiert. Die visuelle Inspektion kann von geschultem Personal oder auch von Drohnen durchgeführt werden.

  2. Messung von Feuchtigkeit und Korrosion: Die Messung von Feuchtigkeit und Korrosion ist eine wichtige Methode zur Überwachung von Betonbauwerken. Hierbei können Feuchtigkeits- und Korrosionsmessungen durchgeführt werden, um den Zustand des Betons zu bestimmen. Die Messungen können mittels elektrischer Widerstandsmessung oder Potentialfeldmessungen erfolgen.

  3. Messung von Rissen: Die Messung von Rissen ist eine weitere wichtige Methode zur Überwachung von Betonbauwerken. Hierbei können Rissmessungen durchgeführt werden, um die Größe und Position von Rissen im Beton zu bestimmen. Rissmessungen können beispielsweise durch optische oder lasergestützte Messsysteme erfolgen.

  4. Strukturmonitoring: Das Strukturmonitoring ist eine fortschrittliche Methode zur Überwachung von Betonbauwerken. Hierbei werden Sensoren in den Beton eingebracht, um verschiedene Parameter wie Spannung, Dehnung, Temperatur oder Belastung zu messen. Die Daten werden kontinuierlich überwacht und ausgewertet, um den Zustand des Bauwerks zu beurteilen.

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Jens Temesberger

Bauingenieur und Inhaber des Onlinebaugutachters. Seine Tätigkeitsschwerpunkte sind allgemeine Sachverständigentätigkeiten, die Planung und Begleitung von Instandhaltungsmaßnahmen an Betonbauwerken und die Baustofftechnologie.