Wie erkennt man qualitativ hochwertige Bauwerksprüfungen?

Dieser Beitrag erläutert warum qualitativ hochwertige Bauwerksprüfungen so wichtig sind. Es werden Bewertungskriterien genannt, erläutert und ein Beispiel gegeben inwieweit Bauwerksprüfungen bewertet werden können. 

Inhalt

Bauwerksprüfungen sind systematische Untersuchungen von Bauwerken wie Brücken, Straßen, Tunneln, Gebäuden oder anderen Infrastrukturen, um den Zustand und die Sicherheit im Lebenszyklus zu bewerten. Der Zweck von Bauwerksprüfungen ist es den Zustand festzustellen. Bei fortlaufenden Bauwerksprüfungen im Lebenszyklus des Bauwerkes bedeutet das mögliche Mängel oder Schäden frühzeitig zu erkannt werden sollen, um die Ziele während des angestrebten Nutzungszeitraumes des Bauwerkes sicherzustellen. Als angestrebte Ziele sind die Sicherstellung der Funktionsfähigkeit, Gebrauchstauglichkeit und Standsicherheit zu nennen. Durch die fortlaufende Zustandsfeststellung in Form von Bauwerksprüfungen kann die Lebensdauer des Bauwerkes ebenso verlängert werden. 

Eine qualitativ hochwertige Bauwerksprüfung kann sowohl bei einer fortlaufenden Überwachung des Zustands im Lebenszyklus des Bauwerks als auch bei der Festlegung von Instandsetzungsmaßnahmen wichtig sein. Eine fortlaufende Überwachung des Zustands erlaubt es, Mängel und Schäden frühzeitig zu erkennen und gezielt Maßnahmen zu ergreifen, bevor größere Schäden entstehen. Diese ist bei Infrastrukturbauwerken ab einer definierten Bauwerksgröße sowieso erforderlich. Dafür müssen jedoch auch die Bauwerksprüfungen von hoher Qualität sein, um eine zuverlässige Aussage über den Zustand des Bauwerks treffen zu können. 

Bei der Festlegung von Instandsetzungsmaßnahmen dienen Bauwerksprüfungen als planerische Grundlage. Eine qualitativ hochwertige Bauwerksprüfung ist in diesem Fall wichtig, um eine genaue Diagnose des Zustands des Bauwerks zu stellen und damit eine gezielte und wirtschaftlich sinnvolle Instandhaltung zu ermöglichen. Nur wenn die Bauwerksprüfung zuverlässige und aussagekräftige Ergebnisse liefert, können die Instandsetzungsmaßnahmen gezielt und wirtschaftlich durchgeführt werden. 

Zusammenfassend ist eine qualitativ hochwertige Bauwerksprüfung von großer Bedeutung, um die Sicherheit von Bauwerken zu gewährleisten und die Lebensdauer von Infrastrukturen zu verlängern. Ob bei einer fortlaufenden Überwachung des Zustands oder bei der Planung von Instandsetzungsmaßnahmen, eine zuverlässige und aussagekräftige Bauwerksprüfung bildet die Grundlage für eine wirtschaftliche und zielgerichtete Instandhaltung von Bauwerken.

Um feststellen zu können inwieweit Bauwerksprüfungen qualitativ hochwertig sind, ist es notwendig Kriterien und ein Bewertungssystem zur Bewertung zu definieren.

Betrachtet man die geltenden Regelwerke, wie beispielsweise die Technische Regel Instandhaltung (Stand 2020) so wird deutlich, dass diese Kriterien und Untersuchungsmethoden zur Erfassung und Bewertung des Ist-Zustandes beispielhaft angibt und gleichzeitig fordert, dass der sachkundige Planer Erfahrung in der Erkennung und Bewertung von Schäden haben muss. Eine Definition des Mindestuntersuchungsumfanges findet nicht statt. Es wird jedoch darauf verwiesen, dass alle relevanten Eigenschaften erfasst werden müssen. Dies liegt daran, dass jede Bauwerksart und jedes Bauwerk einzigartig ist und daher eine Einzelbetrachtung erfordert.

Eine Bewertung im Hinblick auf die Qualität von Bauwerksprüfungen könnte folgende Kriterien beinhalten: 

  • Übereinstimmung mit Zielsetzung
  • Angewandte Untersuchungsverfahren
  • Vorgehensweise
  • Technische Ausstattung
  • Berücksichtigung Nutzungsintensität
  • Kompetenz des Personals 
  • Untersuchungsumfang
  • Dokumentation
  • Kommunikation und Zusammenarbeit

In den nachfolgenden Kapiteln werden die genannten Bewertungskriterien im Detail beschrieben.

Die Gewichtung der Bewertungskriterien wäre im nächsten Schritt zu definieren, um eine Gesamtbewertung zu ermöglichen. Der Verfasser hat dies anhand des Matrixverfahrens durchgeführt, wonach die Einzelkriterien paarweise miteinander verglichen werden und der Eigenvergleich berücksichtigt wird.  

Zum Schluss wären Mindestanforderungen zur Sicherstellung einer ausreichenden Qualität zu definieren, wodurch eine Bewertung möglich wäre. Einen möglichen Ansatz zur Bewertung einer ausreichenden Qualität von Bauwerksprüfungen einzelner Bauteile hat der Verfasser im Zuge seiner Masterarbeit verfasst. Eine Kurzfassung kann in diesem Beitrag nachgelesen werden, worin ein erstes Formblatt zur Definition des Untersuchungsumfanges oder der Bewertung von Bauwerksprüfungen dargestellt werden. 

Das Kriterium “Übereinstimmung mit Zielsetzung” besagt, dass Bauwerksprüfungen darauf ausgerichtet sein müssen, die spezifischen Ziele des Prüfauftrags zu erreichen. Es ist wichtig sicherzustellen, dass die Bauwerksprüfung alle relevanten Aspekte des Bauwerks umfasst und dass die Ergebnisse der Prüfung auf die beabsichtigte Zielsetzung abgestimmt sind.

Ein Beispiel für die Bedeutung dieses Kriteriums ist folgendes: Wenn ein Bauherr eine Bauwerksprüfung in Auftrag gibt, um den Zustand und die Lage der oberen Bewehrung eines Bauwerks zu überprüfen und festzustellen, ob Instandsetzungsmaßnahmen zur Sicherstellung der Standsicherheit erforderlich sind, sollte die Prüfung darauf ausgerichtet sein, genau diese Ziele zu erreichen. Wenn die Prüfung jedoch feststellt, dass die erste Bewehrungslage entfernt werden muss, unabhängig von ihrem Zustand, aufgrund von statischen Vorgaben, dann wäre es nicht sinnvoll, Zeit und Ressourcen für weitere Prüfung der Bewehrungslage aufzuwenden.

Daher ist es wichtig, dass Bauwerksprüfungen immer mit der Zielsetzung des Prüfauftrags abgestimmt werden, um sicherzustellen, dass die Prüfungsergebnisse auf die relevanten Aspekte des Bauwerks ausgerichtet sind und die darauf basierenden Maßnahmen zielführend sind.

Eine umfassende und zuverlässige Bauwerksprüfung erfordert die Anwendung geeigneter Untersuchungsverfahren.

Untersuchungsverfahren sind Methoden, die angewendet werden, um den Zustand eines Bauwerks zu erfassen. Hierbei gibt es zerstörungsfreie und zerstörende Verfahren. Zerstörungsfreie Verfahren umfassen beispielsweise visuelle Inspektionen, Ultraschall- und Röntgenuntersuchungen, Potentialfeldanalyse, Georadar oder Laserscanning. Zerstörende Verfahren beinhalten die Entnahme von Materialproben oder die Erstellung von Stemmöffnungen. Es ist wichtig, dass alle notwendigen Untersuchungsverfahren angewendet werden, um den Zustand des Bauwerks zuverlässig zu bestimmen. Jedoch sollten auch die Grenzen der Untersuchungsverfahren beachtet werden und grundsätzlich validiert werden. 

Die gängigsten Untersuchungsverfahren sind:

Die Vorgehensweise bei Bauwerksprüfungen ist ein wichtiger Aspekt, der berücksichtigt werden muss, um zuverlässige Ergebnisse zielführend herzuleiten. Eine abgestufte Untersuchungsmethode wird empfohlen, bei der zunächst orientierende Untersuchungen durchgeführt werden, um die Aussage treffen zu können ob Instandhaltungsbedarf besteht oder nicht. Wenn Instandhaltungsbedarf besteht, sollten dann tiefergehende Untersuchungen folgen. Es ist auch sinnvoll, bei der Planung der Untersuchungen eine Priorisierung der zu untersuchenden Bereiche vorzunehmen, um zielorientierter arbeiten zu können. Im ersten Schritt sollten immer Bereiche untersucht werden, bei denen eine Schadensausprägung zu erwarten ist. 

Ein Beispiel einer Abstufung einer Bauwerksprüfung wäre im ersten Schritt mithilfe einer Potentialfeldanalyse, um Bereiche zu identifizieren, die korrosionsgefährdet sind, woraufhin dann gezielt weitere Untersuchungen in diesen Bereichen durchgeführt werden könnte. 

Eine gute technische Ausstattung ist unerlässlich, um eine korrekte und zuverlässige Prüfung durchführen zu können.

Einer der wichtigsten Aspekte ist das Alter der technischen Ausstattung. Je älter das Prüfgerät, desto höher ist das Risiko von Messfehlern oder Ausfällen. Es ist daher darauf zu achten dass die technische Ausstattung in einem guten Zustand ist.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die regelmäßige Wartung der Geräte. Nur wenn die technische Ausstattung regelmäßig gewartet wird, kann eine hohe Messgenauigkeit und Zuverlässigkeit gewährleistet werden. Es ist daher wichtig, dass die Messgeräte regelmäßig gewartet werden. 

Auch die Kalibrierung der Prüfgeräte ist von großer Bedeutung. Eine fehlerhafte Kalibrierung kann zu falschen Messergebnissen führen.

Die Prüfgeräte selbst sollten dem aktuellen Stand der Technik entsprechen. Nur so kann eine hohe Messgenauigkeit und Zuverlässigkeit gewährleistet werden. 

Insgesamt ist eine qualitativ hochwertige Bauwerksprüfung nur dann möglich, wenn die technische Ausstattung auf dem aktuellen Stand der Technik ist, regelmäßig gewartet wird und korrekt kalibriert ist.

Eine qualitativ hochwertige Bauwerksprüfung berücksichtigt auch die Nutzungsintensität des Bauwerks. Das bedeutet, dass die Prüfung vor allem in denjenigen Bereichen durchgeführt werden sollte, die am stärksten genutzt werden und daher am ehesten Schäden aufweisen können.

Ein gutes Beispiel dafür ist der Chlorideintrag bei Parkbauten. Chlorid, das aufgrund von Streusalz oder chloridhaltigem Tauwasser in Betonbauteile bei Parkbauten eindringt kann Bewehrungskorrosion auslösen, die chlordinduzierte Bewehrungskorrosion genannt wird. 

Besonders betroffen sind dabei die viel befahrenen Bereiche und die Parkflächen. Hier kommt es zu einer verstärkten Einwirkung von Chlorid. Eine qualitativ hochwertige Bauwerksprüfung sollte daher besonders auf diesen Bereichen durchgeführt werden.

Eine qualitativ hochwertige Bauwerksprüfung erfordert auch eine hohe Kompetenz des Personals, das die Prüfung durchführt. Die Technische Regel Instandhaltung (Stand 2020) fordert, dass der Planer, der die Bauwerksprüfung leitet, besondere Kenntnisse hinsichtlich des Erkennens und Bewertens von Schäden haben sollte. 

Es ist von entscheidender Bedeutung, dass Bauwerksprüfungen von Fachpersonal durchgeführt werden. Hierzu zählen Bauingenieure mit Erfahrung in der Bauwerksprüfung oder Baustoffprüfer.

Ein gutes Beispiel dafür ist die Potentialfeldmessung. Bei dieser Messmethode wird ein elektrisches Feld erzeugt, das die Korrosionsaktivität von Bewehrungen in Betonstrukturen misst. Wenn die Messung nicht von qualifiziertem Personal durchgeführt wird, kann es zu falschen Messsignalen oder einer falschen Bewertung kommen, was zu Fehldiagnosen und damit zu unzureichenden Maßnahmen führen kann.

Es ist daher wichtig, dass das Personal, das an der Bauwerksprüfung beteiligt ist, über die notwendige Fachkompetenz und Erfahrung verfügt. Dazu gehört auch, dass das Personal regelmäßig geschult und weitergebildet wird, um auf dem neuesten Stand der Technik zu bleiben und sich mit neuen Prüfmethoden und -technologien vertraut zu machen.

Der Untersuchungsumfang bei Bauwerksprüfungen ist von entscheidender Bedeutung inwieweit diese als qualitativ hochwertig bezeichnet werden können. Die Technische Regel Instandhaltung (Stand 2020) fordert die Erfassung aller relevanten Eigenschaften. Eine erster Ansatz zur Festlegung der Anzahl an Untersuchungen für einzelne Bauteile wurde durch den Verfasser im Rahmen seiner Masterarbeit erstellt.  Sie definiert keine Anzahl durchzuführender Prüfungen. 

Aus diesem Grund werden nachfolgend zwei Beispiele genannt bei denen von einem ausreichenden Untersuchungsumfang ausgegangen werden kann:

  1. Im ersten Schritt erfolgen zerstörungsfreie Prüfungen, wie Potentialfeldmessungen und die Ermittlung der Betondeckung in Verbindung mit Schadenskartierungen flächendeckend. Nachlaufend werden in auffälligen Bereichen zerstörende Prüfungen, wie Stemmöffnungen durchgeführt. 
  2. Ein weiteres Beispiel ist die Definition des Untersuchungsumfanges unter Berücksichtigung der Herstellung der Bauteile. Wenn zum Beispiel das Bauteil am Stück betoniert wurde und von einer gleichbleibenden Betonqualität bei gleicher Nutzungsintensität auszugehen ist, können weniger Prüfungen ausreichen. Wenn jedoch verschiedene Betonchargen oder unterschiedliche Einbaubedingungen vorliegen, müssen mehr Prüfungen durchgeführt werden, um sicherzustellen, das mit dem Untersuchungsumfang alle relevanten Eigenschaften erfasst werden.

 

Die Dokumentation von Bauwerksprüfungen ist ein wichtiger Aspekt für deren Qualität. Hier sind einige Punkte zu beachten, um sicherzustellen, dass die Dokumentation aussagekräftig und vollständig ist:

  1. Ist die Verortung der Untersuchungen erfolgt? Es ist wichtig, dass die Positionen der durchgeführten Untersuchungen in den Dokumenten festgehalten werden. So kann später nachvollzogen werden, an welchen Stellen des Bauwerks welche Untersuchungen durchgeführt wurden.

  2. Gibt es Labordokumente mit ausreichender Bilddokumentation? Es sollten grundsätzlich entsprechende Labordokumente vorhanden sein. Hierbei ist eine ausreichende Bilddokumentation besonders wichtig, um später die Ergebnisse besser nachvollziehen und interpretieren zu können.

  3. Werden die Untersuchungen ordentlich aufbereitet in einem Bericht dargestellt? Es sollte alle durchgeführten Untersuchungen ordentlich aufbereitet und in einem Bericht dargestellt werden. Hierbei sollten auch alle notwendigen Angaben wie z.B. Datum, Uhrzeit, Wetterbedingungen, und eingesetzte Geräte und Methoden enthalten sein.

  4. Gibt es eine Zusammenfassung nach Bauteilen und dessen Untersuchungen im Bericht? Es ist hilfreich, wenn die Ergebnisse der Untersuchungen nach Bauteilen und deren Zustand zusammengefasst werden. So kann schnell und übersichtlich erkannt werden, an welchen Stellen des Bauwerks Schäden oder Mängel vorliegen.

  5. Gibt es eine technische Beurteilung und Hinweise zu den nächsten Schritten? Der Bericht sollte auch eine technische Beurteilung der Ergebnisse enthalten. Dabei sollten die Ergebnisse der Untersuchungen  bewertet werden. Außerdem sollten Hinweise zu den nächsten Schritten gegeben werden. 

  6. Haben die Dokumente ordentliche Formate? Die Dokumente sollten in einem ordentlichen Format vorliegen, das leicht lesbar und nachvollziehbar ist. Hierbei sollten auch alle wichtigen Informationen wie z.B. Kontaktdaten des Prüfers oder des Bauherrn und eventuelle Anhänge wie Fotos oder Skizzen enthalten sein.

Ein weiterer wichtiger Faktor für qualitativ hochwertige Bauwerksprüfungen ist die Kommunikation und Zusammenarbeit zwischen allen beteiligten Parteien. Hier sind vor allem folgende Punkte von Bedeutung:

  1. Klare Absprachen: Es ist wichtig, dass vor Beginn der Prüfung alle relevanten Fragen geklärt werden, wie z.B. der Umfang der Prüfung, die zu untersuchenden Bauteile und die zu verwendenden Prüfmethoden. Auch die Dokumentation sollte im Vorfeld besprochen werden.

  2. Regelmäßiger Austausch: Während der Prüfung ist es wichtig, dass ein regelmäßiger Austausch stattfindet. Hierbei können Fragen geklärt und etwaige Probleme besprochen werden.

  3. Fachliche Kompetenz: Das Prüfpersonal sollte über ausreichend Fachkompetenz verfügen, um etwaige Fragen des Auftraggebers fachlich korrekt beantworten zu können. Auch der Auftraggeber sollte über ein Grundverständnis verfügen.

  4. Offene Kommunikation: Es ist wichtig, dass alle Beteiligten offen und transparent kommunizieren. Hierbei sollten etwaige Schwierigkeiten oder Probleme nicht verschwiegen, sondern direkt angesprochen werden.

  5. Zusammenarbeit: Eine enge Zusammenarbeit  kann dazu beitragen, dass etwaige Schäden frühzeitig erkannt und behoben werden können. Auch eine langfristige Planung von Instandhaltungsmaßnahmen ist auf diese Weise möglich.

Der Onlinebaugutachter bietet ein umfassendes Leistungsangebot für die Instandhaltung von Betonbauwerken an. Es können auch einzelne Untersuchungen beauftragt werden. Nehmen sie gerne Kontakt mit uns auf oder buchen sie eine erste Onlineberatung

Zugeschnitten 3 Onlinebaugutachter

Jens Temesberger

Bauingenieur und Inhaber des Onlinebaugutachters. Seine Tätigkeitsschwerpunkte sind allgemeine Sachverständigentätigkeiten, die Planung und Begleitung von Instandhaltungsmaßnahmen an Betonbauwerken und die Baustofftechnologie.