Potentialfeldmessungen-Pro & Contra

Dieser Beitrag beschreibt Potentialfeldmessungen als Teil der Bauwerksprüfungen. Zeigt Gründe dafür und dagegen auf und beschreibt, wann sie sinnvoll sind. 

Inhalt

Die Potentialfeldmessung ist eine Methode der Bauwerksprüfung, die dazu dient, die Korrosionsgefährdung von Bewehrungsstahl in Betonbauwerken zu ermitteln. Dabei werden elektrische Potentiale an der Oberfläche des Betons gemessen, um mögliche Korrosionsprozesse im Inneren des Betons zu identifizieren.

Die Potentialfeldmessung basiert auf der Tatsache, dass Korrosionsprozesse im Bewehrungsstahl von Betonbauwerken in der Regel mit einem Anstieg der elektrischen Leitfähigkeit einhergehen. Bei der Messung werden daher elektrische Potentiale an der Oberfläche des Betons erfasst und analysiert.

Dies geschieht durch Festlegung von Messpunkten in einem bestimmten Raster, oder durch das Abfahren der Oberflächen mittels einer Radelektrode. 

Mithilfe der Referenzelektroden wird dann ein elektrisches Potential an der Betonoberfläche erfasst, welches durch das Messgerät erfasst und ausgewertet wird. 

Durch die Auswertung der Messergebnisse können Rückschlüsse auf den Zustand des Bewehrungsstahls im Inneren des Betons gezogen werden. Insbesondere können mögliche Korrosionsprozesse erkannt werden, die noch nicht zu sichtbaren Schäden am Bauwerk geführt haben.

Sie sind insbesondere dann sinnvoll, wenn keine offensichtlichen Anzeichen für Korrosionsschäden am Bauwerk erkennbar sind, aber trotzdem der Verdacht auf Korrosionsprozesse im Inneren des Betons besteht. Dies ist bei der chloridinduzierten Bewehrungskorrosion der Fall. 

Potentialfeldmessungen können jedoch auch zur Überprüfung bereits bekannter Korrosionsschäden eingesetzt werden, um deren Ausmaß zu ermitteln und beispielsweise eine Massensicherheit bei der Ausführung der Maßnahme zu gewinnen.

Die Anwendung von Potentialfeldmessungen ist bei chloridbelasteten Bauwerken, wie Brücken und Parkhäusern üblich, da sie Bereiche mit hoher Korrosionswahrscheinlichkeit identifizierten wodurch eine zielgerichtetere Identifikation geschädigter Bereich ermöglicht wird. Die Bauwerksprüfung und die darauf aufbauende Instandhaltungs- oder Instandsetzungsplanung wird zielorientierter und damit auch wirtschaftlich optimiert.

 

Pot Messgeraet Onlinebaugutachter
Potentialfeldmessgerät mit Stabelektrode und Referenzelektrode

Die Ergebnisse von Potentialfeldmessungen werden in der Regel in Form von Potentialfeldplänen oder -profilen dargestellt. Ein Potentialfeldplan zeigt die Verteilung der gemessenen Potentiale auf der Oberfläche des Bauwerks in Form von Farbverläufen. Dabei werden die unterschiedlichen Potentiale in verschiedenen Farben dargestellt, wobei meist eine Farbskala zur Orientierung angegeben wird.

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Auswertung und Darstellung eines Potentialfeldscans

Eine Bewertung allein aufgrund von absoluten Potentialen und der Zuordnung von Bereichen mit hoher Korrosionswahrscheinlichkeit ist nicht möglich. 

Abhängig von der Position der Referenzelektrode und anderen Einflussfaktoren können die gemessenen Potentiale unterschiedlich stark beeinflusst werden. Daher ist eine gründliche Analyse und Bewertung der Messergebnisse erforderlich, um aussagekräftige Schlussfolgerungen zu ziehen.

Es ist bei der Bewertung von Potentialfeldmessungen ein hoher Wert auf die Berücksichtigung von Einflussfaktoren auf die Korrosionsprozesse zu legen. Dazu gehören unter anderem die Betonzusammensetzung, die Feuchtigkeit im Beton, die Art und Qualität des Bewehrungsstahls sowie äußere Einflüsse wie Chloride.

Beispielsweise kann von einer hohen Korrosionswahrscheinlichkeit ausgegangen werden, wenn ein negatives Potential von zunehmend positiven Potentialen (Potentialdifferenzen von > 100 mV) umgeben ist. 

Absolute Potentialwerte bei denen von einer aktiven Bewehrungskorrosion ausgegangen werden kann, unterscheiden sich signifikant bei verschiedenen Konstruktionen. Eine zerstörende Prüfung, wie die Herstellung von Stemmöffnungen zur Validierung der Messergebnisse ist daher stets notwendig. 

Gründe die für eine Anwendung von Potentialfeldmessungen bei der Planung der  Instandhaltung von Betonbauwerken sprechen sind: 

  1. Früherkennung von Korrosionsschäden: Potentialfeldmessungen können dazu beitragen, Korrosionsschäden im Bewehrungsstahl frühzeitig zu erkennen, noch bevor sie mit bloßem Auge sichtbar sind. Dies ermöglicht eine rechtzeitige Instandhaltung und Instandsetzung des Bauwerks, bevor die Schäden zu gravierenden Problemen führen.

  2. Sicherheitsaspekt: Korrosionsschäden im Bewehrungsstahl können die Tragfähigkeit und Stabilität von Bauwerken beeinträchtigen. Potentialfeldmessungen tragen dazu bei, die Sicherheit von Bauwerken zu gewährleisten, indem sie mögliche Korrosionsprozesse im Bewehrungsstahl identifizieren und bewerten.

  3. Kostenersparnis: Durch die frühzeitige Erkennung von Korrosionsschäden und die gezielte Planung von Instandhaltungsmaßnahmen können langfristig Kosten eingespart werden. Eine rechtzeitige Instandhaltung verhindert nämlich größere Schäden, die mit höheren Kosten verbunden sind.

  4. Dokumentation und Nachweis: Potentialfeldmessungen dienen auch als Dokumentation und Nachweis für die Korrosionsgefährdung von Bauwerken. Die Ergebnisse der Messungen können in Gutachten, Berichten und Bauakten festgehalten werden und dienen als Grundlage für weitere Entscheidungen und Maßnahmen.

  5. Kostensicherheit: Gewinnung der Massensicherheit noch vor der Ausführung der Instandsetzungsmaßnahme.

Gründe die gegen eine Anwendung von Potentialfeldmessung bei der Planung der Instandhaltung von Betonbauwerken sprechen sind:

  1. Ungenauigkeit der Messergebnisse: Die Messergebnisse bei Potentialfeldmessungen können durch verschiedene Faktoren beeinflusst werden, wie beispielsweise durch das Wetter, die Feuchtigkeit im Beton, die Position der Referenzelektrode oder die Art des Bewehrungsstahls. Dadurch können die Messergebnisse ungenau sein und falsche Schlussfolgerungen zur Folge haben.

  2.  Begrenzte Anwendungsmöglichkeit:

    Potentialfeldmessungen können bei Beschichtungen nicht angewendet werden, da Beschichtungen eine elektrische Isolierungsschicht auf der Oberfläche des Bauteils bilden. Eine Isolierungsschicht blockiert den elektrischen Stromfluss und verhindert somit die Messung des elektrischen Potenzials im Bauteil. Da Potentialfeldmessungen auf dem Messprinzip des elektrischen Widerstands beruhen, können sie nur bei Materialien und Bauteilen durchgeführt werden, bei denen ein elektrischer Stromfluss zwischen den Elektroden möglich ist. Die Beschichtung isoliert jedoch den Bewehrungsstahl oder das Bauteil und unterbricht somit den Stromfluss. Die Potentialfeldmessung ist daher erst anwendbar, wenn die Beschichtung entfernt wurde.

  3. Zumeist nur bei größeren, flächigen Bauteilen sinnvoll und wirtschaftlich anwendbar: Bei flächigen Bauteilen wie beispielsweise Betondecken oder -wänden ist die Bewehrung in der Regel großflächig und über die gesamte Oberfläche des Bauteils verteilt. Dadurch ist ein elektrischer Stromfluss zwischen den Elektroden möglich, der durch die Bewehrung des Bauteils fließt. Bei Stützen oder kleineren Bauteilen wird zumeist für jede Messung eine weitere Stemmöffnung benötigt. 

  4. Eingeschränkte Tiefe der Aussagekraft: Potentialfeldmessungen liefern Informationen über den Zustand der Bewehrung in der Nähe der Oberfläche des Bauteils. Wenn die Bewehrung tiefer im Bauteil liegt, kann eine Potentialfeldmessung möglicherweise nicht die gleiche Aussagekraft haben.

  5. Erfahrung des Prüfers: Die Durchführung von Potentialfeldmessungen erfordert spezielle Kenntnisse und Erfahrung, um genaue und aussagekräftige Ergebnisse zu erzielen. Unzureichend geschulte Prüfer können möglicherweise nicht genaue Messungen durchführen oder die Ergebnisse falsch interpretieren.

Insgesamt sind Potentialfeldmessungen sinnvoll, wenn es darum geht, den Zustand der Bewehrung in flächigen Bauteilen zu beurteilen und Schäden oder Korrosion zu identifizieren, um die Planung der Instandhaltung zielorientierter und damit wirtschaftlicher ausführen zu können. 

Einige praktische Beispiele:

  1. Überprüfung des Korrosionszustands von Bewehrungen in Brücken oder Tunneln
  2. Überwachung von Korrosionsprozessen in Parkhäusern
  3. Überprüfung der Qualität der Betonüberdeckung von Bewehrungen in Betonfertigteilen
  4. Kontrolle der Bewehrungskorrosion in Schiffsbauten
  5. Überwachung von Bewehrungsverbindungen in Stahlbetonkonstruktionen
  6. Überprüfung der Wirksamkeit von Korrosionsschutzmaßnahmen bei Betonreparaturen
  7. Überwachung des Korrosionszustands von Bewehrungen in Trinkwasserbehältern oder Abwasserleitungen
  8. Überprüfung des Zustands von Bewehrungen bei Landebahnen
  9. Bewertung der Korrosionsgefährdung von Bewehrungen in Industrieanlagen und Kraftwerken.

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Jens Temesberger

Bauingenieur und Inhaber des Onlinebaugutachters. Seine Tätigkeitsschwerpunkte sind allgemeine Sachverständigentätigkeiten, die Planung und Begleitung von Instandhaltungsmaßnahmen an Betonbauwerken und die Baustofftechnologie.