Untersuchungen

Für Stahlbeton im Bestand

Die vorliegende Seite gibt einen Überblick zu üblichen Prüfverfahren zur Beurteilung von Stahlbeton im Bestand.

Inhalt

Das Wichtigste in Kürze

  • Erfordernis, da: Fortschreitende Schädigungsmechanismen im Lebenszyklus, unzureichende Instandhaltung, vorh. Regelwerkssituation, mangelnde Qualitätsüberwachung in Bauausüfhrung 
  • Unterteilung in zerstörende und nicht zerstörende Prüfverfahren
  • Wichtige Parameter zur Beurteilung: Betondruckfestigkeit, Chloridgehalt, Karbonatisierungstiefe und Zustand der Bewehrung

Der Zustand von Stahlbeton in Bestandsbauwerken wird optisch in Verbindung mit verschiedenen Prüfverfahren bewertet. Die optische Inspektion beurteilt die Oberfläche des Betons und kann unter Hinzunahme einfacher Hilfsmittel erste Symptome, wie Risse, erfassen. Generell kann gesagt werden, dass am Oberflächengefüge die Einbauqualität und Qualität der Nachbehandlung erkannt werden kann.
Werden darüberhinausgehende Kennwerte benötigt, kommen verschiedene Prüfverfahren zur Anwendung. Diese können von zerstörendem und nicht zerstörendem Charakter sein. Zerstörende Prüfverfahren haben gemein, dass eine Entnahme einer Betonprobe oder eine Schwächung am Bauwerk für die Untersuchung erfolgt. Vorteil der zerstörenden Prüfverfahren ist eine allgemein höhere Genauigkeit der Messverfahren gegenüber von nicht zerstörenden Prüfverfahren. Nachteil der zerstörenden Prüfverfahren ist, dass ein Eingriff in die Bestandsstruktur stattfindet. Weiterhin können bestimmte Kennwerte nur durch nicht zerstörende Prüfverfahren oder zerstörende Prüfverfahren in aussagekräftigem Umfang erfasst werden.

Zur Beurteilung des Zustandes von Stahlbetonbauwerken werden in der Praxis folgende Kennwerte erfasst:

• Betondruckfestigkeit,
• Oberflächenzugfestigkeit,
• Bestimmung der Betondeckung, des Bewehrungsdurchmessers, der Lage und des Zustandes und der Bewehrung,
• Bestimmung verschiedener weiterer geometrischer Kennwerte und Ortung,
• Bestimmung der Karbonatisierungstiefe,
• Bestimmung der chemischen Zusammensetzung und
• Bewehrungskorrosion

Der Untersuchungsumfang wird durch die Regelwerksanforderungen, das Schadensausmaß, sowie weiteren bauwerksspezifischen Randbedingungen festgelegt.

Die Bestimmung der Betondruckfestigkeit kann mit zerstörenden und nicht zerstörenden Prüfverfahren ermittelt werden. 

Folgende Verfahren können zur Anwendung kommen:

  • Direkt an der Oberfläche: Rückprallhammer-DIN EN 12504-2
  • Nahe der Oberfläche: Oberflächenzugfestigkeit-DIN EN 12504-3
  • In der Tiefe: Ultraschall-DIN EN 12504-4; Bohrkerne DIN EN 12504-1

Die Ultraschallmessung und die Messung mit dem Rückprallhammer sind als nicht zerstörende Prüfverfahren zu charakterisieren und daher weniger aussagekräftig. Häufig werden diese Verfahren zur schnellen Einordnung verwendet, da sie leicht durchzuführen und kostensparend sind. 

Die Nutzung der Messergebnisse nicht zerstörender Prüfverfahren zur Bestimmung der charakteristischen Druckfestigkeiten kann jedoch ausschließlich unter bestimmten Voraussetzungen erfolgen und bedarf generell weiterer Prüfungen an Bohrkernen. Die Anwendung der Prüfung mit dem Rückprallhammer darf überdies nur erfolgen, wenn der Beton eine Karbonatisierungstiefe von weniger als 5 mm hat. 

Häufig findet eine Kombination zerstörender und nicht zerstörender Prüfverfahren statt, die durch eine bestimmte Regelwerkssituation in Deutschland verwendet werden darf.

Die Oberflächenzugfestigkeit gibt Aufschlüsse über die Festigkeitseigenschaften von Betonoberflächen und oberflächennahen Schichten. Sie wird nach dem Aufrauen der Betonoberfläche direkt an dieser durchgeführt. Hierbei wird ein Stempel mittels Kleber mit der Betonoberfläche verbunden und nachfolgend bis zum Versagen gezogen. Der gegenwärtige Stand der Technik sieht die Überprüfung der Oberflächenzugfestigkeit zur Charakterisierung des Altbetons bei Bestandsbauwerken vor.

Die Bestimmung der Kennwerte kann durch zerstörende und nicht zerstörende Prüfverfahren stattfinden. Wobei die Karbonatisierungstiefe ausschließlich durch zerstörende Prüfverfahren ermittelt werden kann.


Beim zerstörenden Prüfverfahren wird der Beton an einzelnen Stellen bis zum Auffinden der Bewehrung abgetragen, wodurch gleichzeitig eine Bestimmung der Karbonatisierungstiefe, der Betondeckung und möglichen Bewehrungskorrosion an der freigelegten Stelle stattfinden kann. Vorteil des zerstörenden Verfahrens ist die Begutachtung des freiliegenden Bewehrungsstahles. Die Bestimmung der Betondeckung, weitere Bewehrungseigenschaften und der Lage findet durch Abmessung nach dem Abtragen statt. Eine Einordnung des Baujahres des Bauwerkes kann anhand des verwendeten Stahles abgeleitet werden. 


Durch magnetische Streufeldmessungen oder dem Georadarverfahren können die Kennwerte nicht zerstörend ermittelt werden. Hierbei wird mit speziellen Messgeräten die Betonoberfläche abgefahren und die Kennwerte durch das Messgerät detektiert. Vorteile der nicht zerstörenden Verfahren ist eine Abdeckung großer Bereiche, bei denen gleichzeitig eine kritische Bewertung der Ergebnisse stattfinden muss, da oftmals Fehlsignale auftreten. Regelmäßig werden die zerstörenden und nicht zerstörenden Verfahren in Verbindung eingesetzt, um ein flächendeckendes, statistisch aussagekräftiges Ergebnis zu erhalten.

Geometrische Kennwerte werden bei nur einseitig zugänglichen Bauteilen nachgemessen. Die Bestimmung von Bauteildicken, Tiefenlagen oder auch Fehlstellen findet durch die Verfahren Impakt-Echo, Ultraschallecho sowie Radar statt. Die Aussagekraft dieser Prüfverfahren ist stark abhängig von den Umgebungsbedingungen und dem eigentlichen verwendeten Verfahren.

Bei der Bestimmung der chemischen Zusammensetzung ist der Chloridgehalt von hoher Bedeutung. Der Chloridgehalt kann nur anhand von Proben aus dem Bauwerk stattfinden. Es werden Bohrlöcher an kritischen Bereichen abgeteuft und das Bohrmehl tiefenabhängig beprobt. 

Ziel dieser Beprobung ist es, ein tiefabhängiges Chloridprofil zu erhalten. Die Untersuchungen finden nachlaufend in einem Labor statt. 

Kritisch zu betrachten ist die Berechnung des Chloridgehaltes, da der Zementgehalt des Betons für die Berechnung abgeleitet werden muss und daher eine Bewertungsunsicherheit besteht.

Das Vorhandensein einer aktiven Bewehrungskorrosion kann zerstörungsfrei durch eine Potentialfeldmessung ermittelt werden. Hierbei können anhand elektrischer Potenzialunterschiede Bereiche im Stahlbeton identifiziert werden, die entweder bereits von Korrosion betroffen sind oder stark korrosionsgefährdet sind. 

Es bietet sich für große Flächen an vorlaufend eine Potenzialfeldmessung durchzuführen, um im Nachgang die Ergebnisse durch Freilegen zu validieren oder zielgerichtet kritische Flächen zu untersuchen, die einer Instandsetzung bedürfen. 

Elektrische Potentialfeldmessungen und die Auswertung dieser sind mit einem erhöhten Kostenaufwand verbunden.

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Jens Temesberger

Bauingenieur und Inhaber des Onlinebaugutachters. Seine Tätigkeitsschwerpunkte sind allgemeine Sachverständigentätigkeiten, die Planung und Begleitung von Instandhaltungsmaßnahmen an Betonbauwerken und die Baustofftechnologie.