Grundsteuer: Berechnung & wie Wohnflächenvermessungen die Grundsteuer senken können!
Die Grundsteuer ist aktuell öffentlich in aller Munde! Dieser Beitrag erläutert was die Grundsteuer ist, wie sie berechnet wird und wie möglicherweise bei der Grundsteuer gespart werden kann.
Inhalt
Das Wichtigste in Kürze
- Steuer auf Grundbesitz
- Alte Berechnung durch Bundesverfassungsgericht als verfassungswidrig eingestuft!
- Neue Bewertung erfordert eine neue Festsetzung der Grundsteuer
- Berechnung variiert innerhalb Deutschlands
- Es gibt 4 wesentliche Modelle in Deutschland-Bundesmodell, Flächenmodell, modifiziertes Bodenwertmodell, Flächen-Faktor-Modell
- Grundsteuer ist durch jeden zu entrichten
- Berechnungsmodelle enthalten allesamt zumindest eine der beiden Flächentypen: 1.Grund, 2. Gebäudeflächen
- Möglichkeit bei der Grundsteuer zu sparen: Wohnflächenberechnung und Wohnflächenvermessung, da viele Berechnungen nicht richtig sind.
Die Grundsteuer ist eine Steuer auf den Grundbesitz. Zum Grundbesitz gehören ebenfalls Gebäude und Betriebe der Land- und Forstwirtschaft. Sie ist durch den Eigentümer des Grundes zu entrichten und kann bei Vermietung des Grundes über die Betriebskosten auf die Mieterinnen und Mieter umgelegt werden. Die Bemessungsgrundlage der Grundsteuer ist im Regelfall der Grundstückswert oder der Wert des Grundstückes mit der Bebauung.
Die Höhe der Grundsteuer wird auf kommunaler Ebene festgelegt.
Im Jahr 2018 hat sich das Bundesverfassungsgericht mit der Bemessung der Grundsteuer beschäftigt und in diesem Zug festgestellt, dass die geltende Bemessung als verfassungswidrig einzustufen ist. Aufgrund dessen wurde der Gesetzgeber aufgefordert bis zum 31.12.2019 ein neues Grundsteuergesetz zu verabschieden.
Das neue Gesetz für die Bemessung der Grundsteuer ist das Gesetz zur Reform des Grundsteuer- und Bewertungsrechts (GrStRefG). Die Änderungen betreffen hierin das Bewertungsgesetz und das Grundsteuergesetz. Die neuen Vorschriften für die Bewertung des Grundbesitzes für die Grundsteuer ab dem 01.01.2022 sind nun im § 218 ff. BewG zu finden.
Relevant wurde die neue Bewertung, da die Abgabe zum 31.10.22 fällig war.
Ab dem Jahr 2025 ist die Grundsteuer nach den neuen Vorschriften zu bemessen. Aufgrund des Verzuges, wie auch keiner Einigkeit unter den Bundesländern wurden neben neuen Vorschriften auch eine Öffnungsklausel eingeführt, die es den Bundesländern ermöglicht eine Vorschrift über die Besteuerung und die Bewertung einzuführen.
In Deutschland gibt es verschiedene Berechnungsmodelle. Diese werden wie folgt bezeichnet: Bundesmodell, Flächenmodell, modifiziertes Bodenwertmodell, Flächen-Faktor-Modell, Flächen-Lage-Modell und das Wohnlagenmodell. Die verschiedenen Berechnungsmodelle gelten in den verschiedenen Bundesländern wie folgt:
- Bayern: Flächenmodell
- Baden-Württemberg: Modifiziertes Bodenwertmodell
- Hessen: Flächen-Faktor-Modell
- Niedersachen: Flächen-Lage-Modell
- Hamburg: Wohnlagenmodell
- Alle weiteren Bundesländer: Alle weiteren Bundesländer
In diesem Beitrag werden auf die vier wesentlichen Modelle Flächenmodell, modifiziertes Bodenwertmodell, Flächen-Faktor-Modell und Bundesmodell eingegangen.
Grundsätzlich wird zuerst der Wert der wirtschaftlichen Einheit bei der Grundsteuerberechnung festgestellt, welcher auch als Grundsteuerwert bezeichnet wird. Auf Grundlage diesen Wertes wird im Grundsteuermessbescheid der Grundsteuermessbetrag (Steuermesszahl) festgesetzt und als nächstes durch die Kommune um den Hebesatz auf die Steuermesszahl erhöht. Die Kommune setzt sodann die zu begleichende Grundsteuer fest.
- Bewertung Grundbesitz = Grundsteuerwert
- x Steuermesszahl = Grundsteuermessbetrag
- x Hebesatz der Gemeinde = Grundsteuer
Im Bundesmodell variiert die Bewertung des Besitzes zwischen bebauten und unbebauten Grundstücken. Der Grundsteuerwert für unbebaute Grundstücke bemisst sich nach der Fläche multipliziert mit dem Bodenrichtwert. Unbebaute Grundstücke werden definiert als Grundstücke auf dem sich kein benutzbares Gebäude befindet.
Für bebaute Grundstücke gibt es die Bewertungsverfahren Ertragswertverfahren und Sachwertverfahren. Die Anwendung der Verfahren hängt von der Gebäudeart ab. Leicht abweichende Verfahren des Bundesmodelles werden im Saarland und Sachen angewandt. In allen weiteren Bundesländern werden die Verfahren wie nachstehend erläutert angewandt.
Ertragswertverfahren
- Einfamilienhaus
- Zweifamilienhaus
- Mietwohngrundstück
- Wohnungseigentum
Sachwertverfahren
- Geschäftsgrundstücke
- Gemischt genutzte Grundstücke
- Sondereigentum
- Sonstiges Eigentum
Ertragswertverfahren
Im Ertragswertverfahren wird der kapitalisierte Reinertrag summiert mit dem abgezinsten Bodenwert, wodurch sich der Grundsteuerwert ergibt. Der Grundsteuerwert wird dann mit der Steuermesszahl addiert, um den Grundsteuermessbetrag zu erhalten. Nachlaufend wird zusammen mit dem Hebesatz der Gemeinde nun die Grundsteuer festgelegt (siehe Bundesmodell).
Multiplikation von Grundstücksfläche mit Bodenrichtwert. Zu beachten: Bei Ein- und Zweifamilienhäuser gibt es noch einen anzuwendenden Umrechnungskoeffizienten (Anlage 36 BewG).
Der Bodenwert ist abzuzinsen. § 256 BewG erhält die Liegenschaftszinssätze und die Art und weise der Abzinsung.
Berechnung, § 253 ff. BewG enthält die Berechnungsgrundsätze.
Sachwertverfahren
Im Sachwertverfahren wird der Gebäudesachwert und der Bodenwert getrennt ermittelt. Die Summe des Gebäudesachwertes und des Bodenwertes ergibt den vorläufigen Sachwert, welcher im Anschluss mit einem Koeffizienten (§ 260 BewG) multipliziert wird, um den Grundsteuerwert zu erhalten.
Der Grundsteuerwert wird dann mit der Steuermesszahl addiert, um den Grundsteuermessbetrag zu erhalten. Nachlaufend wird zusammen mit dem Hebesatz der Gemeinde nun die Grundsteuer festgelegt (siehe Bundesmodell).
Multiplikation von Grundstücksfläche mit Bodenrichtwert. Siehe auch § 258 BewG.
Basierend auf Normalherstellungskosten. Siehe Anlage 42 des BewG und Abzinsung entsprechen § 259 Abs. 3 BewG. Im Anschluss Multiplikation mit der Bruttogrundfläche.
In Bayern setzt sich die Grundsteuer aus Äquivalenzbeträgen zusammen, die zusammen mit den Feststellungen über die Flächen von Grund, Boden und Gebäudeflächen in einem Feststellungsbescheid festgestellt werden. Die Zusammensetzung und Berechnung unterscheidet sich daher zum Bundesmodell. Der Grundsteuermessbetrag wird im Anschluss mit dem Hebesatz der Kommune gehoben, um die Grundsteuer zu erhalten.
- Äquivalenzbetrag Gebäude (Wohnflächen x Äquivalenzzahl x (Ermäßigung))
+
2. Äquivalenzbetrag Boden (Fläche x Äquivalenzzahl)
=
3. Grundsteuermessbetrag
Das Flächenmodell in Bayern bemisst die Grundsteuer nach einem reinen Flächenmodell. Hierin werden die Flächen von Grund und Boden getrennt von der Wohn- und Nutzflächen multipliziert mit einem eigenen Koeffizienten, woraus sich die Äquivalenzbeträge für Boden und Gebäude ergeben.
Bei der Berechnung der Wohn- und Nutzflächen muss zwischen Flächen zur Wohnnutzung und sonstigen Flächen unterschieden werden. Die Wohnnutzung richtet sich nach der Wohnflächenberechnung der Wohnflächenverordnung, wobei nachlaufend zu prüfen ist in welchem Verhältnis die Flächen anzusetzen sind.
Berechnung Wohnflächen nach Wohnflächenverordnung und Multiplikation von fixierter Äquivalenzzahl von 0,5 EUR/m².
Berechnung der Fläche und Bestimmung der Äquivalenzzahl. Flächenebrechnung und Art. 3 Abs. 1 BayGrStG i.v.m. Art. 3 Abs. 1 Satz 2 BayGrStG für die Bestimmung der Äuqivalenzzahl beachten!
Modifiziertes Bodenwertmodell Baden Württemberg: Wie setzt sich die Grundsteuer zusammen & wie berechnet sich die Grundsteuer?
Das modifizierte Bodenwertmodell ist in seiner Art und Weise vergleichbar zum Bundesmodell. Das bedeutet, dass in Baden-Württemberg die Fläche des Grundstückes und der Bodenrichtwert maßgeblich sind. Der Unterschied ergibt sich in der Tatsache, dass dies auch für bebaute Grundstücke gilt. Der Grundsteuerwert ergibt sich daher aus der Multiplikation der Fläche des Grundes mit dem Bodenrichtwert.
In Abhängigkeit der Nutzung kann sich zudem eine Minderung der Steuermesszahl ergeben. Als Beispiel ist hier die Wohnnutzung zu nennen: wenn die Wohnnutzung mehr als 50 % beträgt ergibt sich eine Reduktion der Steuermesszahl um 30 %.
- Bewertung Grundbesitz = Grundsteuerwert
- x Steuermesszahl = Grundsteuermessbetrag
- x Hebesatz der Gemeinde = Grundsteuer
Flächen-Faktor-Modell Hessen: Wie setzt sich die Grundsteuer zusammen & wie berechnet sich die Grundsteuer?
Das hessische Flächen-Faktor-Modell basiert auf dem bayerischen Flächenmodell, wobei Bodenrichtwerte in die Berechnung mit einbezogen werden. Nachfolgend wird die Berechnungsmethodik dargestellt:
Grundsteuer = Messbetrag x Hebesatz
Steuermessbetrag = Ausgangsbetrag x Faktor
Ausgangsbetrag = Summe der Flächenbeträge x Steuermesszahl
Flächenbeträge x Anrechnungsfaktor x ansetzbarer Wert
Einzeln zu bilden für Grund/Boden, Gebäude-Wohnzwecke, Gebäude-andere Zwecke) und Multiplikation mit verschiedenen Anrechnungsfaktoren (100%/70%/100%) und dem ansetzbaren Wert (0,04/0,5/0,5 Eur./m²)
Faktor = (Bodenrichtwert/durchschn. Bodenrichtwert)^0,3
Abweichend zum bayerischen Modell ist es, dass es sich nur an den Flächen orientiert und die Bodenrichtwerte berücksichtigt.
Durch den berechneten Faktor wird ein Verhältnis gebildet aus dem Bodenrichtwert des Grundstückes und dem durchschnittlichen Bodenrichtwert der gesamten Gemeinde.
Wie kann ich bei der Grundsteuer sparen?
Grundsätzlich ist die Grundsteuer von jedem Besitzer jährlich zu entrichten. Es gibt nahezu keine Ausnahmen.
Unter Betrachtung der verschiedenen Berechnungsmodelle wird jedoch ersichtlich, dass die absolute Höhe der Grundsteuer durch verschiedene Berechnungsverfahren ermittelt wird.
Allesamt gemein haben die Berechnungsverfahren, dass eine bestimmte Art Fläche in die Berechnung mit eingeht, welche durch den Eigentümer übermittelt wird.
Grundstücksflächen sind generell im Grundbuch verankert und können hieraus entnommen werden. Eine Variation oder falsche Berechnung kann nahezu ausgeschlossen werden.
Dies gilt jedoch nicht für Wohn- und Nutzflächen. Verschiedenen Statistiken zufolge sind große Teile der Wohnflächen, die in Mietverträgen, Kaufverträgen oder Grundsteuererklärungen angegeben werden nicht korrekt. Die Ursache hiervon kann von vielfältiger Natur sein, beispielsweise:
- Umnutzung/Veränderung der Wohnfläche nach Wohnflächenberechnung
- Falsche Flächenberechnung
- Flächenberechnung ohne Bezug zu angewendetem Standard
Unter Betrachtung der Berechnungsmethodik für die Festsetzung der Grundsteuer, die Wohn- und Nutzflächen mit einbeziehen, besteht hier die Möglichkeit einer Veränderung der Höhe der Grundsteuer. Folglich ist eine Reduktion der Grundsteuer möglich, wenn die Wohnflächen- und Nutzberechnung einen zu hohen Wert ausweist.
Das bedeutet, dass in allen Bundesländern, in denen das Berechnungsmodell die Gebäudeflächen mit einbezieht die Möglichkeit einer Ersparnis durch eine Wohnflächenberechnung entstehen kann. Die Bundesländer in denen diese Möglichkeit besteht sind alle Bundesländer mit der Ausnahme von Baden-Württemberg.
Mögliche Senkung der Grundsteuer durch Wohnflächenvermessung und -Berechnung ?
Eine Senkung der Grundsteuer durch eine Wohnflächenvermessung oder Wohnflächenberechnung ist möglich. Die Möglichkeit ergibt sich aus einer zu hohen angegebenen Flächen, welche durch eine sachgerechte Vermessung und anschließende Wohnflächenberechnung nachgewiesen werden kann. Weitere Informationen zu Wohnflächenberechnungen können unserer Informationsseite entnommen werden.
Der Onlinebaugutachter bietet Wohnflächenberechnungen an. Nehmen sie gerne Kontakt mit uns auf oder buchen sie eine erste Onlineberatung!
Wie führe ich eine Wohnflächenberechnung korrekt aus?
1. Festlegung Standard
2. Feststellung der Abmessungen nach Standard
3. Berechnung der Wohnflächen entsprechend des Standards
Wie berechne ich die Wohnfläche ?
Die Wohnfläche wird vereinfacht berechnet in dem man die Flächeninhalte der einzelnen Räume durch Multiplikation der Breite und Länge der Räume addiert.
Was kostet es eine Wohnfläche messen zu lassen ?
Der Preis von Wohnflächenvermessungen und Wohnflächenberechnungen variiert. Für eine Wohnflächenvermessung mit Berechnung für Wohnungen bis 100 m² ist mit bis zu 1000 Euro zu rechnen.
Wie kann ich Einwände gegen die Grundsteuer geltend machen ?
Sie können Einspruch gegen den Feststellungsbescheid einlegen, wenn sie sich gegen die Höhe des Grundsteuerwertes wenden wollen.
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Jens Temesberger
Bauingenieur und Gründer des Onlinebaugutachters. Seine Tätigkeitsschwerpunkte sind allgemeine Sachverständigentätigkeiten, die Planung und Begleitung von Instandhaltungsmaßnahmen an Betonbauwerken und die Baustofftechnologie. Mit dem Onlinebaugutachter möchte er das Sachverständigenwesen in der Baubranche mit den Methoden der heutigen Zeit verknüpfen.