Stahlbetonuntersuchung im Bestand: Was sie wissen sollten!

In diesem Blogbeitrag geht es um die Bedeutung von Stahlbetonuntersuchungen im Bestand von Bauwerken. Dabei werden verschiedene Methoden erläutert und aufgezeigt, wie diese zur Feststellung von Instandhaltungs- oder Instandsetzungsbedarf beitragen können. 

Inhalt

Stahlbeton ist als Baustoff in Bauwerken unerlässlich. Allerdings sind Stahlbetonkonstruktionen im Bestand verschiedenen Einflüssen ausgesetzt, die im Laufe der Zeit Veränderungen an der Struktur verursachen können. Aus diesem Grund sind regelmäßige Stahlbetonuntersuchungen notwendig, um die Funktionsfähigkeit während der gesamten Lebensdauer sicherzustellen.

Die Veränderungen, die bei Stahlbeton während seiner Lebensdauer auftreten können, sind vielfältig und können sowohl natürlichen als auch äußeren Einflüssen zugeschrieben werden. Zu den natürlichen Alterungsprozessen gehört die Austrocknung und Schrumpfung des Betons in den ersten Tagen und Wochen nach der Herstellung, die zu Rissen führen können. Die Carbonatisierung des Betons ist ein weiterer natürlicher Alterungsprozess, bei dem Kohlendioxid aus der Luft mit dem Calciumhydroxid im Beton reagiert und zu einer Absenkung des pH-Wertes führt. Dadurch kann Bewehrungsstahl korrodieren. Ein Eintrag von Chloridionen in den Beton kann unter bestimmten Umständen ebenfalls zur Korrosion von Bewehrungsstahl führen. Frost-Tau-Wechsel können ebenfalls Schädigungen im Beton verursachen. Auch mechanische Belastungen durch Verkehr, Wind oder Erdbeben können zu Rissen oder Verformungen im Beton führen.

Um die strukturelle Integrität von Stahlbeton im Bestand zu gewährleisten, ist es wichtig, den aktuellen Zustand der Struktur festzustellen und potenzielle Schäden und Probleme zu identifizieren. Dazu werden bei Stahlbetonuntersuchungen alle relevanten Eigenschaften des Bauwerks erfasst, wie Schäden, Umwelteinflüsse und Informationen zur Vorgeschichte des Bauwerks, wie Herstellungsbedingungen, Pläne und verwendete Baustoffe.

Stahlbetonuntersuchungen sollten idealerweise verschiedene Untersuchungsverfahren umfassen, die relevante Eigenschaften wie die Bewehrungslage oder die Karbonatisierung des Bestandsbetons feststellen. Auf Basis der Untersuchungsergebnisse wird der Zustand der Struktur bewertet und mögliche Schäden identifiziert. Dadurch können frühzeitig geeignete Maßnahmen zur Instandsetzung und Sanierung ergriffen werden, um die Funktionsfähigkeit und Standsicherheit des Bauwerks im Bestand zu gewährleisten.

Stahlbetonuntersuchungen im Bestand sind auf das Bauwerk, die Zielsetzung und den Zustand des Bauwerkes abzustimmen.  Es gibt verschiedene Verfahren, die angewendet werden können, um relevante Eigenschaften des Betons und seiner Umgebung zu bestimmen.

Zu den häufig angewandten Verfahren bei Stahlbetonuntersuchungen im Bestand gehören visuelle Inspektionen, Entnahme von Bohrkernen und deren Prüfung, Bestimmung des tiefenabhängigen Chloridgehaltes, Schadenskartierungen, zerstörungsfreie Ermittlung der Betondeckung, Potentialfeldmessungen und Prüfung der Oberflächenzugfestigkeit.

Visuelle Inspektionen ermöglichen es, äußere Schäden am Beton zu erkennen, wie beispielsweise Risse oder Ausblühungen. Bei der Entnahme von Bohrkernen können Proben des Betons gewonnen werden, um dessen Zusammensetzung und Qualität zu bestimmen. Die Bestimmung des tiefenabhängigen Chloridgehaltes gibt Auskunft über die Korrosionsgefahr des Bewehrungsstahls. Schadenskartierungen ermöglichen eine umfassende Erfassung von Schäden und Rissen im Beton. Die zerstörungsfreie Ermittlung der Betondeckung erlaubt eine genaue Bestimmung der Betondeckung über der Bewehrung. Potentialfeldmessungen geben Aufschluss über den Zustand des Korrosionsschutzes. Die Prüfung der Oberflächenzugfestigkeit gibt Auskunft über die Tragfähigkeit der Betonoberfläche.

Eine sorgfältige Auswahl und Anwendung der Untersuchungsverfahren bei Stahlbetonuntersuchungen im Bestand ist essentiell, um den aktuellen Zustand des Bauwerks zu ermitteln und potenzielle Probleme und Schäden zu identifizieren. Dies ermöglicht es, geeignete Maßnahmen zur Instandhaltung und Instandsetzung zu planen und umzusetzen, um die Funktionsfähigkeit und Dauerhaftigkeit des Bauwerks zu gewährleisten.

Die grundsätzlichen Anforderungen an Stahlbetonuntersuchungen im Bestand definieren sich aus dem Mindestumfang einer Planung einer Instandhaltung. Durch Stahlbetonuntersuchungen im Bestand soll es ermöglicht werden, den Ist-Zustand des Bauwerkes zu ermitteln, darzustellen und zu beurteilen. Diese umfasst auch die Auswertung aller verfügbaren Informationen zur Vorgeschichte des Bauwerkes wie beispielsweise der Zeitpunkt der Erstellung oder verwendete Baustoffe. Die Kriterien zur Beschreibung des Ist-Zustandes, welche folglich in einer Zustandsanalyse ermittelt werden, müssen unterteilen sich in Umgebungs- und Nutzungsbedingungen und Bauwerks-, Bauteil- und Baustoffeigenschaften.

Zur Ermittlung der Umgebungs- und Nutzungsbedingungen müssen Faktoren wie mechanische, physikalische, chemische Einwirkungen sowie Einflüsse aus dem Betrieb berücksichtigt werden. Diese werden in Expositionsklassen eingeteilt, wobei neuere Klassen wie XSTAT und XBW hinzugekommen sind. XSTAT gibt Auskunft darüber, wie stark die Bauteile statisch mitwirken, während XBW angibt, inwieweit eine rückseitige Durchfeuchtung des Bauteils stattfindet.

Zur Ermittlung der Bauwerks-, Bauteil- und Baustoffeigenschaften müssen verschiedene Faktoren wie Herstellungsbedingungen, optischer Eindruck, Gefüge, Hohlräume, Abplatzungen, Risse, Betondeckung, Bewehrungsverteilung, Druckfestigkeit, E-Modul und Carbonatisierung berücksichtigt werden. Die Technische Regel Instandhaltung (Stand 2020) definiert außerdem die Erfassung und Bewertung von Riss-/Hohlraumerkmalen. Hierbei müssen Merkmale wie Rissart, Rissverlauf, Rissbreite und Zustand des Risses erfasst werden. Die Anzahl der durchzuführenden Untersuchungen wird dabei nicht explizit festgelegt, jedoch gibt es Ansätze zur Festlegung der erforderlichen Anzahl.

Die Technische Regel Instandhaltung (Stand 2020) definiert die grundsätzliche Vorgehensweise bei der Planung und Ausführung von Instandhaltungsmaßnahmen, welche für Stahlbetonuntersuchungen anzuwenden sind. Hierin erfolgt die Ermittlung des Ist-Zustandes noch vor der Erstellung des Instandhaltungskonzeptes und damit auch noch vor der Ausführung von Instandsetzungsmaßnahmen. Dieses Prinzip wird in vielen Fällen angewendet. 

Es gibt jedoch eine weitere Vorgehensweise, die sich in der Praxis vor allem bei Parkhäusern und Tiefgaragen etabliert hat, wodurch eine zielführende und wirtschaftliche Instandhaltung sichergestellt wird. Diese Vorgehensweise wird in der Praxis als abgestuftes Prinzip beschrieben. Im abgestuften Prinzip von Stahlbetonuntersuchungen im Bestand werden diese in drei wesentliche Schritte unterteilt:

  1. Voruntersuchung: Inaugenscheinnahme, vereinzelte Chloridanalyse, Betondeckungsmessungen und Sondierungsöffnungen, ähnlich unserer orientierenden Untersuchungen.
  2. Vertiefte Untersuchungen: Flächige Schadensaufnahme, Potentialfeldmessungen, Chloridanalysen, Sondierungsöffnungen, Haftzugprüfung. Ziel: Festlegung instand zusetzender Bereiche (Massensicherheit), um Instandsetzungsverfahren wirtschaftlich zu planen.
  3. Vollflächige Stahlbetonuntersuchungen: Vollflächige Untersuchungen und Validierung der Untersuchungsergebnisse aus der vertieften Zustandsanalyse (Massensicherheit).

Das Prinzip der Abstufung ist in vielen Fällen auch sinnvoll, da erst nach Abtrag von Beschichtungen erst weitere Untersuchungen stattfinden können, um instand zusetzende Bereiche zielorientiert zu definieren. 

Das Prinzip des abgestuften Vorgehens ist auch unsere Vorgehensweise für eine zielführende und wirtschaftliche Vorgehensweise. 

Die wirtschaftlich optimale Festlegung des Instandhaltungs- und Instandsetzungszykluses ist das Ziel von Stahlbetonuntersuchungen im Bestand

In vielen Fällen erfolgt Stahlbetonuntersuchungen erst, wenn erste visuelle Schäden wie Risse erkannt werden. 

Die Technische Regel Instandhaltung beinhaltet noch keine festen Untersuchungsintervalle, zeigt jedoch auf das anhand von Stahlbetonuntersuchungen im Bestand der optimale Instandhaltungszeitpunkt definiert werden kann. Dieser Zeitpunkt definiert sich aus dem Aufbrauch des Abnutzungsvorrates bis zur Abnutzungsgrenze. Aus praktischer Sicht kann beispielsweise das Antreffen der Karbonatisierungsfront an der Bewehrungsfront genannt werden, ohne das bisher Schädigungen eingetreten sind. 

Der Onlinebaugutachter bietet ein umfassendes Leistungsangebot für die Instandhaltung von Betonbauwerken an. Es können auch einzelne Untersuchungen beauftragt werden. Nehmen sie gerne Kontakt mit uns auf oder buchen sie eine erste Onlineberatung

Zugeschnitten 3 Onlinebaugutachter

Jens Temesberger

Bauingenieur und Inhaber des Onlinebaugutachters. Seine Tätigkeitsschwerpunkte sind allgemeine Sachverständigentätigkeiten, die Planung und Begleitung von Instandhaltungsmaßnahmen an Betonbauwerken und die Baustofftechnologie.